Was gilt bei Kurzarbeit für Azubis?
In Krisenzeiten müssen viele Unternehmen ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken. Das kann große Konzerne genauso betreffen wie mittelständische Betriebe und kleine Firmen. Doch viele Unternehmen haben nicht nur Mitarbeiter, sondern bilden auch Lehrlinge aus. Und dann steht recht schnell die Frage im Raum, was bei Kurzarbeit eigentlich für Azubis gilt.
Kann ein Ausbildungsbetrieb auch für seine Azubis Kurzarbeit anordnen? Und was passiert mit der Ausbildungsvergütung?
Wir geben Antworten!:
Inhalt
Was ist Kurzarbeit eigentlich?
Kurzarbeit bedeutet, dass die Beschäftigten weniger Stunden arbeiten, als es in ihren Arbeitsverträgen vorgesehen ist. Dabei kann der Arbeitsumfang nur teilweise reduziert werden. Möglich ist aber auch, dass die Beschäftigten zeitweise komplett nach Hause geschickt werden. Im Unternehmen wiederum kann die Kurzarbeit für den gesamten Betrieb eingeführt werden oder sich nur auf einzelne Abteilungen beschränken.
Für Kurzarbeit kann es verschiedene Gründe geben. Meist greifen Unternehmen auf dieses Mittel zurück, wenn in einer wirtschaftlichen Flaute Aufträge und Umsätze wegbrechen.
In der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise war das zum Beispiel der Fall. Aber auch unvorhersehbare Ereignisse wie etwa eine Naturkatastrophe oder jüngst das Corona-Virus können Kurzarbeit rechtfertigen.
Die Kurzarbeit soll dabei helfen, dass Unternehmen Krisen überbrücken und erhebliche Arbeitsausfälle überstehen können, ohne dabei vielen Mitarbeitern kündigen zu müssen.
Bevor ein Unternehmen Kurzarbeit anordnen kann, muss es aber zunächst versuchen, andere Maßnahmen auszuschöpfen. Eine Möglichkeit ist beispielsweise, Urlaube zu gewähren.
Sind mehr als ein Drittel der Mitarbeiter des Unternehmens von dem Arbeitsausfall betroffen und sinkt ihr Arbeitsentgelt um mindestens zehn Prozent, kann das Unternehmen Kurzarbeit einführen.
Allerdings muss absehbar sein, dass das Unternehmen bald wieder zum normalen Geschäftsalltag zurückkehren wird.
Was gilt bei Kurzarbeit für Azubis?
Grundsätzlich können Azubis nicht in Kurzarbeit geschickt werden. Denn gemäß § 14 Abs. 1 BBiG (Berufsbildungsgesetz) hat das Unternehmen eine Ausbildungspflicht. Es muss sicherstellen, dass der Azubi die wesentlichen Ausbildungsinhalte erlernt und seine Lehre in der vorgesehenen Ausbildungsdauer erfolgreich abschließen kann.
Aus diesem Grund muss der Betrieb alle Möglichkeiten ausschöpfen, um die Ausbildung so umzuorganisieren, dass sie fortgesetzt werden kann.
Denkbar dabei ist zum Beispiel, dass
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der Lehrplan umgestellt oder bestimmte Inhalte vorgezogen werden.
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der Azubi in eine Abteilung versetzt wird, die nicht von Kurzarbeit betroffen ist.
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die Ausbildung vorübergehend in einer Lehrwerkstatt stattfindet.
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Ausbildungsveranstaltungen auf anderen Wegen erfolgen, etwa indem die Theorie in Seminaren online vermittelt wird.
Mitunter muss ein Unternehmen an dieser Stelle ganz schön kreativ werden. Denn erst wenn alle Mittel und Spielräume ausgeschöpft sind, bleibt als allerletzte Lösung, auch die Azubis in Kurzarbeit zu schicken. Allerdings prüft die Arbeitsverwaltung sehr genau und streng, ob sich der Ausfall der Ausbildung tatsächlich nicht vermeiden lässt.
Oft wird sich ein Ausbildungsbetrieb in einer solchen Situation aber ohnehin an die zuständige Stelle wenden. Manchmal können die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern oder sonstigen berufsständischen Kammern mit Ersatzangeboten unter die Arme greifen.
Andererseits bleibt Unternehmen mitunter gar nichts anderes übrig, als das gesamte Personal inklusive Azubis in Kurzarbeit zu schicken. Das gilt vor allem dann, wenn der Betrieb größtenteils oder komplett eingestellt werden muss.
Übrigens:
Die unerwartete Freizeit hat nichts mit einem Urlaub zu tun. Auch wenn im Betrieb Kurzarbeit angesagt ist, muss der Azubi ganz normal in die Berufsschule gehen. Außerdem muss er sich jederzeit bereithalten, um die Ausbildung am Arbeitsplatz fortzuführen oder ein Ersatzangebot wahrzunehmen.
Bekommen Azubis auch Kurzarbeitergeld?
An der Ausbildungsvergütung ändert sich für Azubis während der Kurzarbeit zunächst nichts. Denn das Geld, das Azubis verdienen, ist kein Arbeitslohn im klassischen Sinne.
Vielmehr handelt es sich um eine finanzielle Hilfe, um die Ausbildung durchführen zu können. Aus diesem Grund muss das Unternehmen das Entgelt auch bei Kurzarbeit weiterhin in voller Höhe bezahlen.
Ihre volle Ausbildungsvergütung bekommen Azubis gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 2 BBiG mindestens sechs Wochen lang. Dabei beginnt die sechswöchige Frist an dem Tag, an dem ein Azubi von der Arbeit freigestellt wird.
Und sie läuft nur an den Tagen, an denen der Azubi Zuhause war. Hat der Azubi während der Kurzarbeit an einigen Tagen gearbeitet, verlängert sich die Frist also für diese Tage.
Der Ausbildungsvertrag oder der geltende Tarifvertrag kann außerdem eine Frist vorsehen, die über die sechs Wochen hinausgeht.
Hat die Arbeitsagentur die Notwendigkeit anerkannt, auch die Azubis des Unternehmens in Kurzarbeit zu schicken, können die Azubis ebenfalls Kurzarbeitergeld bekommen. Allerdings passiert das wirklich erst, wenn die Frist abgelaufen ist.
Azubis sollten in ihrem Berichtsheft notieren, welche Ausbildungsinhalte während der Kurzarbeit ausgefallen sind. Denn zum einen ist dadurch einfacher nachzuvollziehen, was nachgeholt werden muss.
Zum anderen ist es so:
Sollte eine Krise länger anhalten und der Betrieb dadurch für einen längeren Zeitraum zum Erliegen kommen, kann es sein, dass das Unternehmen nicht mehr als Ausbildungsbetrieb geeignet ist.
Das Unternehmen muss sich dann zusammen mit der zuständigen Kammer und der Arbeitsagentur rechtzeitig um einen anderen Ausbildungsplatz kümmern.
Auch dann ist für den neuen Ausbildungsbetrieb wichtig, dass er sich anhand des Berichtshefts einen Überblick darüber verschaffen kann, wie weit der Azubi ist.
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Thema: Was gilt bei Kurzarbeit für Azubis?
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