So können Unternehmen Azubis motivieren, Teil 2
Unternehmen profitieren vor allem dann von der Investition in Ausbildung, wenn sie die Lehrlinge als qualifizierte Fachkräfte langfristig in ihren Reihen halten können. Doch wie kann das klappen? Wie können Unternehmen Azubis an sich binden? Was trägt zu einem guten Verhältnis bei? Wie gelingt es, dass Azubis gerne bei ihrem Arbeitgeber lernen und arbeiten?
In einem zweiteiligen Beitrag nennen wir Hinweise und Tipps, wie Unternehmen Azubis motivieren und fördern können.
Hier ist Teil 2!:
Inhalt
Theoretische Ausbildungsinhalte in die Praxis übertragen
Um den Azubi optimal unterstützen zu können, sollte das Unternehmen wissen und anerkennen, welche Inhalte in der Berufsschule vermittelt werden. Allerdings ist es oft nicht ganz einfach, die Inhalte aus den Lehrbüchern im Tagesgeschäft umzusetzen. Die Theorie und die Praxis klaffen häufig weit auseinander.
Um die Motivation für die Berufsschule zu erhalten, sollte das Unternehmen den Lehrplan aber auf keinen Fall infrage stellen. Die dort vermittelten Ausbildungsinhalte nach dem Motto „So wird das in Wirklichkeit nie gemacht“ abzuwerten, ist der falsche Weg.
Stattdessen sollte der Ausbilder dem Azubi erklären, warum das Unternehmen nicht nach Lehrbuch vorgeht und wie seine Vorgehensweise ist.
Je nach Tätigkeitsbereich kann eine weitere Möglichkeit sein, das, was der Azubi in der Schule gelernt hat, durch Planspiele in einem „Was wäre, wenn wir das so machen würden“-Szenario zu üben. Auf diese Weise kann der Azubi die Lerninhalte eigenständig auf konkrete Aufgaben in einem bekannten Umfeld übertragen.
Zur Vorbereitung auf wichtige Klassenarbeiten und Prüfungen im Verlauf der Ausbildung sollte das Unternehmen dem Azubi ruhig etwas Lernzeit zur Verfügung stellen.
Denn das erworbene Wissen und das Erfolgserlebnis, das eine erfolgreiche Arbeit oder bestandene Prüfung mit sich bringt, haben einen positiven Effekt auf die Motivation im Arbeitsalltag.
Außerdem stellt das Unternehmen damit seine Flexibilität und seine Bereitschaft unter Beweis, auf die individuellen Bedürfnisse seiner Mitarbeiter einzugehen. Damit stärkt es seinen guten Ruf als Ausbilder und Arbeitgeber.
Bei Loyalitäts- und Generationenkonflikten unterstützen
Zu den Aufgaben eines Ausbildungsbetriebs gehört auch, dem Azubi Orientierung und Hilfe im Unternehmensalltag zu bieten. Das betrifft zum Beispiel Loyalitäts- und Generationenkonflikte.
Angenommen, ein älterer und erfahrener Kollege überträgt ohne das Wissen des Ausbilders eine dringende Aufgabe an den Azubi, die nicht zu den Tätigkeiten gehört, die der Ausbilder und der Azubi abgesprochen haben.
Die Position des Kollegen, die er aufgrund seines Alters, seiner Erfahrung und seiner Autorität hat, führt dazu, dass der Azubi die Aufgabe nicht ablehnen kann.
Weil der Azubi aber mit der Zusatzaufgabe beschäftigt ist, bleiben seine anderen, eigentlichen Aufgaben liegen. In der Folge kann ein unterschwelliger Loyalitätskonflikt entstehen.
Bemerkt der Ausbilder einen solchen Konflikt, sollte er zeitnah eingreifen. Dazu gehört einerseits, die Kollegen daran zu erinnern, dass die Aufgabenverteilung an den Azubi über ihn erfolgt.
Andererseits sollte der Ausbilder den Azubi darin bestärken, Selbstbewusstsein zu zeigen und auch einmal Nein zu sagen. Denn für das weitere Berufsleben ist es wichtig, dass der Azubi lernt, Prioritäten zu setzen und nicht jedes Fremdanliegen gleich zu erfüllen, wenn dadurch seine eigenen Aufgaben zu kurz kommen.
Konstruktiv mit Fehlern umgehen
Natürlich wird der Azubi den einen oder anderen Fehler machen. Das ist ganz normal und auch bei erfahrenen Kollegen nicht anders. Der Azubi kann aber oft noch nicht einschätzen, wie schwerwiegend sein Fehler tatsächlich war.
In vielen Fällen hat die Bewertung auch weniger damit zu tun, wie relevant der Fehler für den laufenden Betrieb ist, sondern geht eher auf den mehr oder weniger stark ausgeprägten Hang zu Drama von perfektionistischen oder angsterfüllten Kollegen zurück.
An dieser Stelle ist der Ausbilder gefragt. Er sollte auf mehr Sorgfalt bestehen und gemeinsam mit dem Azubi analysieren, wie sich solche Fehler in Zukunft vermeiden lassen.
Gleichzeitig sollte er den Fehler ins richtige Verhältnis zu den eigentlichen Prioritäten setzen.
Der Azubi muss verstehen, dass Fehler passieren können. Während der Ausbildung federt der Ausbilder die Verantwortung für Fehler ohnehin ab. Hat der Azubi aber keinen Rückhalt oder schließt sich der Ausbilder der Kritik der Kollegen nahtlos an, verliert er schnell das Vertrauen des Azubis. Der Stress, der dadurch entsteht, begünstigt nur noch mehr Fehler, während die Motivation sinkt.
Außerdem wird es dem Azubi schwerer fallen, selbst zu beurteilen, was wirklich wichtig ist.
Soll es in der Ausbildung nicht nur darum gehen, Fachwissen zu vermitteln, sondern resiliente, lösungsorientierte und eigenverantwortliche Mitarbeiter zu formen, sind engmaschige Kontrollen, destruktive Kritik und der Entzug von Verantwortung als Reaktion auf Fehler der komplett falsche Weg.
Identifikationsmöglichkeiten schaffen
Junge Azubis lassen sich von einer langfristigen Zusammenarbeit überzeugen, wenn sie sich mit dem Unternehmen identifizieren können.
Das beginnt schon bei der Rekrutierung durch eine ansprechende Präsenz auf Ausbildungsbörsen, ein gutes Image in der Öffentlichkeit und ein zeitgemäßes Auftreten in den sozialen Medien.
Ist das Unternehmen dort, wo sich auch die Azubis aufhalten, gibt es schnell Berührungspunkte. Optimal ist, wenn das Unternehmen für Werte steht, die sich mit den Werten, Vorstellungen und Bedürfnissen der sogenannten Generation Z decken.
Während der Lehre sollte der Ausbilder ein gutes Vorbild sein und einen Draht zum Azubi aufbauen.
Natürlich braucht der Azubi kein Kindermädchen, das ihn rund um die Uhr betreut. Es geht auch nicht darum, tiefe Freundschaften zu begründen, die ein Leben lang halten.
Aber der Azubi sollte mit seinem Ausbilder einen Ansprechpartner und Mentor haben, an den er sich vertrauensvoll wenden kann und der ihm mit Rat und Tat zur Seite steht. Fühlt sich der Azubi als vollwertiges Teammitglied, steigert das die Motivation und schafft die Grundlage dafür, langfristig Teil dieses Teams zu bleiben.
Mehr Ratgeber, Tipps und Anleitungen:
- So können Unternehmen Azubis motivieren, Teil 1
- Schwanger in der Ausbildung: Was jetzt? Teil 2
- Schwanger in der Ausbildung: Was jetzt? Teil 1
- Die Geschichte der Berufsfachschule
- BAföG und andere Förderprogramme für Azubis, 2. Teil
- BAföG und andere Förderprogramme für Azubis, 1. Teil
- Kein Ausbildungsplatz in Sicht? 8 mögliche Alternativen
- Das ändert sich 2024 für Azubis
Thema: So können Unternehmen Azubis motivieren, Teil 2
Übersicht:
Fachartikel
Verzeichnis
Über uns
- Wieso brechen so viele Azubis die Ausbildung ab? - 22. Januar 2025
- Wie funktioniert das duale Abitur? - 16. Dezember 2024
- So können Unternehmen Azubis motivieren, Teil 2 - 11. Oktober 2024