Schwanger in der Ausbildung: Was jetzt? Teil 1

Schwanger in der Ausbildung: Was jetzt? Teil 1

Mitten in der Berufsausbildung ein Baby bekommen: Ist dadurch die Lehrstelle gefährdet? Muss sich die Schwangere nun für unbestimmte Zeit von ihrem Berufswunsch verabschieden? Ganz im Gegenteil! Denn das Mutterschutzrecht, das unter anderem vor einer Kündigung schützt, greift auch bei schwangeren Azubis. In einem zweiteiligen Beitrag erklären wir, was Azubis beachten sollten, wenn sich in der Ausbildung Nachwuchs ankündigt, und wie sie ihre Lehre trotzdem erfolgreich abschließen können.

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Schwanger in der Ausbildung Was jetzt Teil 1

Schwanger vor Beginn der Ausbildung

Erfährt eine junge Frau noch während ihrer Suche nach einem Ausbildungsplatz, dass sie schwanger ist, stellt sich zunächst einmal die Frage, ob sie den Ausbildungsbetrieben, bei denen sie sich bewirbt, von der Schwangerschaft erzählen muss. Die Antwort auf diese Frage lautet „nein“.

Selbst wenn sich der Ausbilder im Vorstellungsgespräch direkt nach einem bestehenden Kinderwunsch oder einer Schwangerschaft erkundigt, muss die Frau nicht wahrheitsgemäß antworten.

Denn solche Fragen zu persönlichen, privaten Plänen sind bei einem Bewerbungsgespräch grundsätzlich nicht zulässig. Deshalb muss die Bewerberin auch nicht die Wahrheit sagen.

Eine Ausnahme ergibt sich allerdings dann, wenn es sich um einen Ausbildungsberuf handelt, der für Schwangere gefährlich oder nicht geeignet ist.

Bewirbt sich die junge Frau zum Beispiel um eine Lehrstelle in einem Handwerksberuf, der mit körperlich schwerer Arbeit einhergeht, kann der Ausbildungsbetrieb unter Umständen erfolgreich gegen den Vertrag vorgehen.

Schwanger während der Ausbildung

Wird die Auszubildende während der Ausbildung schwanger, sollte sie den Betrieb möglichst frühzeitig darüber informieren. Denn nur so ist sichergestellt, dass der Ausbildungsbetrieb alle Schutzvorschriften einhalten kann, die für Schwangere gelten.

Als Nachweis für den voraussichtlichen Geburtstermin kann der Betrieb ein ärztliches Attest verlangen. Die Kosten für das Attest muss er übernehmen. Der Ausbilder darf den Betriebsrat, den Werkschutz und die Gewerbeaufsicht über die Schwangerschaft informieren.

Außerdem darf er die Eltern in Kenntnis setzen, wenn die Schwangere noch nicht volljährig ist. Darüber hinaus muss der Ausbilder über die Schwangerschaft aber Stillschweigen bewahren.

Mutterschutz für Azubis

Das Mutterschutzgesetz zielt darauf ab, im Job den besten Gesundheitsschutz für schwangere und stillende Frauen im Job sicherzustellen. Dabei gilt das Gesetz für alle werdenden und frisch gebackenen Mütter, die in einem Arbeitsverhältnis stehen.

Dazu gehören nicht nur fest angestellte Arbeitnehmerinnen, sondern genauso auch Heimarbeiterinnen, Hausangestellte, geringfügig Beschäftigte und eben auch weibliche Azubis. Für Schülerinnen und Studentinnen greift das Gesetz unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls.

In dem Gesetz sind alle Themen geregelt, die eine Schwangerschaft von Arbeitnehmerinnen betreffen. Dazu zählen unter anderem Mutterschutzfristen und Beschäftigungsverbote, der Urlaubsanspruch, der Kündigungsschutz und die Pflichten des Arbeitgebers.

Einen umfassenden Überblick rund um den Mutterschutz erhalten Azubis und Arbeitnehmerinnen in einem Leitfaden des Bundesfamilienministeriums.

Die Rechte von Schwangeren während der Ausbildung

Zum Jahr 2018 hat der Gesetzgeber das Mutterschutzgesetz umfangreich überarbeitet. Dadurch können Schwangere jetzt zum Beispiel mehr Einfluss darauf nehmen, wann und in welchem Umfang sie arbeiten wollen.

Anders als früher ist etwa möglich, an Sonn- und Feiertagen sowie zwischen 20 und 22 Uhr zu arbeiten, wenn sich die Schwangere eine entsprechende Genehmigung der zuständigen Behörde einholt. Schichten ab 22 Uhr sind aber weiterhin tabu.

Die tägliche Arbeitszeit ist ebenfalls klar geregelt. So dürfen minderjährige Schwangere maximal acht Stunden pro Tag arbeiten, bei volljährigen Schwangeren sind es höchstens acht Stunden und 30 Minuten.

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Außerdem muss der Arbeitgeber dafür sorgen, dass eine schwangere Auszubildende zwischen zwei Schichten eine durchgehende Ruhezeit von mindestens elf Stunden hat.

Für Arztbesuche oder das Stillen des Babys ist die Auszubildende von der Arbeit freigestellt. Diese Zeiten muss sie auch nicht nacharbeiten.

Einige Tätigkeiten sind für schwangere Azubis grundsätzlich verboten:

  • Arbeiten, bei denen sich die Schwangere oft bücken, strecken oder in die Hocke gehen muss

  • Beschäftigungen, bei denen die Schwangere Hitze, Kälte, Nässe, Lärm oder Erschütterungen ausgesetzt ist

  • Arbeiten, bei denen die Schwangere mit schädlichen Gasen, Dämpfen, Stauben oder Strahlen in Kontakt kommt

  • Tätigkeiten an Maschinen oder Geräten, die mit den Füßen bedient werden

Nach dem fünften Monat darf eine schwangere Auszubildende höchstens vier Stunden pro Tag stehen. Akkord- und Fließbandarbeit ist sowohl für Schwangere als auch für stillende Mütter untersagt.

Ist ein Arbeitsplatz für Schwangere nicht geeignet und gefährdet er die Gesundheit von Mutter und Kind, kann der Arzt ein Beschäftigungsverbot aussprechen. Dieses Verbot kann zeitlich befristet sein oder unbefristet für die gesamte Schwangerschaft gelten. Das Ausbildungsgehalt zahlt der Betrieb in dieser Zeit weiter.

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Der Kündigungsschutz für schwangere Azubis

Ist eine Auszubildende schwanger, darf ihr der Ausbildungsbetrieb ab dem ersten Tag der Schwangerschaft bis vier Monate nach der Geburt des Kindes nicht kündigen. Weiß die Auszubildende selbst noch nichts von ihrer Schwangerschaft, läuft die Frist ab dem Tag, an dem der Arzt die Schwangerschaft feststellt.

Kündigt der Betrieb den Ausbildungsvertrag, ohne dass er von der Schwangerschaft wusste, sollte ihn die Auszubildende innerhalb von zwei Wochen davon in Kenntnis setzen.

Am besten informiert sie ihn schriftlich über die Schwangerschaft, damit sie einen Nachweis hat. Nimmt der Ausbildungsbetrieb die Kündigung trotz der Schwangerschaft nicht zurück, sollte die Auszubildende die zuständige Aufsichtsstelle einschalten. Welche Stelle zuständig ist, ist im Ausbildungsvertrag angegeben.

Achtung: Der Kündigungsschutz gilt grundsätzlich auch in der Probezeit. Trotzdem kann der Ausbildungsbetrieb während der Probezeit kündigen, wenn die Kündigung nichts mit der Schwangerschaft zu tun hat, sondern das Arbeitsverhältnis zum Beispiel aus betriebs- oder verhaltensbedingten Gründen beendet wird.

Die Mutterschutzfristen für schwangere Auszubildende

Während der Mutterschutzfrist ist die Auszubildende von der Ausbildung freigestellt. Dabei beginnt die Frist sechs Wochen vor dem voraussichtlichen Geburtstermin und endet acht oder zwölf Wochen nach der Entbindung.

In den sechs Wochen vor der Geburt kann die Auszubildende auf eigenen Wunsch weiterarbeiten. Das kann zum Beispiel dann sinnvoll sein, wenn sie sich gut fühlt und mögliche Fehlzeiten ausgleichen oder ihre Zulassung zur Zwischen- oder Abschlussprüfung nicht gefährden möchte.

Nach der Entbindung besteht keine Wahlmöglichkeit. Ist das Baby auf der Welt, muss die junge Mutter mit der Ausbildung acht Wochen lang pausieren. Bei einer medizinischen Frühgeburt, einer Mehrlingsgeburt und auf Antrag auch bei der Geburt eines behinderten Kindes muss die Mutter zwölf Wochen lang aussetzen.

Eine Ausnahme gilt aber für Zwischen- und Abschlussprüfungen.

Weil die Prüfungen kein Bestandteil des Arbeitsverhältnisses sind, gelten die Schutzfristen hier nicht. Die Auszubildende kann also an der Prüfung teilnehmen, obwohl die Mutterschutzfrist läuft.

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Mareike Dietzbach, - Personalerin und Ausbilderin, Simon Schneider, Ausbilder und Bewerbungstrainer und Christian Gülcan, Unternehmer, Gründer, Arbeitgeber und Betreiber dieser Webseite, Ferya Gülcan, Unternehmerin, Arbeitgeberin, schreiben hier Wissenswertes zum Thema Ausbildung, Berufe, Praktikum, Berichtsheftführung mit vielen Tipps und Ratgebern für Auszubildene, Schüler und Umschüler, Studenten und Jobsuchende.

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