Neue Ansätze in der Berufsausbildung
Die berufliche Aus- und Weiterbildung muss nicht nur attraktiver werden, sondern auch mehr auf Digitalisierung setzen. Außerdem muss sie sich so aufstellen, dass sie schneller auf sich ändernde Anforderungen reagieren kann. Personen mit geringer Qualifikation und Leute mit Migrationshintergrund zu integrieren, muss ebenfalls besser laufen. Aber die gute Nachricht ist, dass es für diese Herausforderungen schon gute neue Ansätze und vielversprechende Pilotprojekte gibt.
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Mehr Lehrstellen als Azubis
Im Berufsberatungsjahr 2023/24 war wie auch schon in den Vorjahren die Anzahl der Ausbildungsstellen höher als die der Bewerber:innen. Rein rechnerisch kamen 86 gemeldete Personen auf der Suche nach einer Lehrstelle auf 100 gemeldete betriebliche Ausbildungsplätze.
Damit ist die Lücke zwar etwas kleiner geworden. Aber die klassische Berufsausbildung hat deutlich an Attraktivität verloren.
Ein großer Teil der aktuellen Azubis kritisiert die Art, wie die Inhalte in der Berufsschule vermittelt werden. Auch an der Kompetenz der betrieblichen Ausbilder haben viele Azubis so ihre Zweifel.
Sie hätten gerne mehr Berufsorientierung im Vorfeld und würden sich während der Ausbildung mehr digitale Angebote und eine stärkere Einbindung von künstlicher Intelligenz (KI) wünschen.
Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie „Azubi-Recruiting-Trends 2024“ der U-Form Testsysteme.
Schnellere Anpassungen
Aber es geht nicht nur darum, wie die duale Ausbildung wieder attraktiver wird oder wie junge Leute besser abgeholt werden können. Auch der unbedingt notwendige Wandel der Aus- und Weiterbildungsinhalte ist ein wichtiges Thema.
Viele Berufe erfordern heute ein ganz anderes Know-how, als es noch vor zehn oder gar 20 Jahren der Fall war. Untersuchungen haben gezeigt, dass jeder Zehnte, der aktuell eingestellt wird, eine Berufsbezeichnung hat, die im Jahr 2000 noch nicht existierte.
Die Berufe haben sich also gewandelt. Aus diesem Grund führt auch an einem Wandel der beruflichen Aus- und Weiterbildung kein Weg vorbei.
Vor allem die Digitalisierung führt zu schnellen Veränderungen in der modernen Arbeitswelt und macht kontinuierliche Anpassungen notwendig. Dazu gehört, dass es nicht mehr nur darum geht, Fachwissen zu vermitteln. Stattdessen gilt es auch, Kompetenzen zu stärken.
So zum Beispiel, sich flexibel auf neue Entwicklungen einzustellen und vermehrt mit KI zu arbeiten.
Die Corona-Pandemie war sicher ein Treiber für Änderungen bei Lernmethoden. Quasi über Nacht sind neue, flexible Lernformate entstanden und haben gleichzeitig das Potenzial verdeutlicht, das in digitalen Bildungsangeboten steckt.
Dieser Trend und die schnellen Entwicklungen bei einigen Berufsbildern machen es notwendig, dass sich auch die Berufsausbildung besser und schneller an die Veränderungen in der Wirtschaft anpasst.
Die Ausbildungsinhalte müssen zeitnah aktualisiert und in die Rahmenpläne eingefügt werden.
Voneinander lernen
Ein anderer Aspekt ist, dass Azubis immer unterschiedlicher werden. Das betrifft sowohl ihren Wissensstand und die Lernfähigkeit als auch Faktoren wie das Alter, die Herkunft, die Arbeitshaltung und die Erwartungen an die Ausbildung.
Für die Ausbildungsbetriebe ergeben sich dadurch neue Herausforderungen. Ausbilder sollten sich weniger als Lehrmeister sehen, sondern versuchen, mit Feedback und Wertschätzung die Stärken zu fördern, die der jeweilige Azubi hat.
Neben Qualifikationen für die Ausbilder, die sie besser auf die Bedürfnisse der neuen Azubi-Generationen vorbereiten, sollte in der Ausbildung außerdem auch das Lernen voneinander stärker berücksichtigt werden.
Denn auf diese Weise eröffnen sich Perspektiven und Erfahrungen, von denen beide Seiten profitieren. Mehr Verständnis für die Denk- und Verhaltensweisen des anderen macht die Zusammenarbeit leichter.
Mehr Chancen für Bewerber:innen ohne Schulabschluss
Obwohl viele junge Leute ihre schulische Laufbahn mit Abitur, mittlerer Reife oder einem Hauptschulabschluss beenden, gibt es auch viele Jugendliche, die keinen Abschluss haben.
Im Jahr 2021 verließen rund 47.500 Schüler:innen die Schule ohne Schulabschluss. Das entspricht ungefähr sechs Prozent der Jugendlichen und dieser Anteil ist seit etlichen Jahren unverändert.
Der Berufsbildungsbericht zeigt, dass Bewerber:innen ohne Schulabschluss kaum Chancen auf eine Lehrstelle haben. Eine Folge davon ist, dass die Arbeitslosenquote bei Personen ohne Qualifizierung fast sechsmal so hoch ist wie bei gelernten Personen.
Allerdings hat sich das Ausbildungssystem hier verbessert. Dazu tragen einerseits Maßnahmen der Arbeitsagentur wie die Einstiegsqualifizierung oder berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen bei.
Andererseits ist das Bildungssystem durchlässiger geworden. Dadurch können Jugendliche, die sich mit theoretischem Wissen schwertun, auf Berufe ausweichen, die eher praxisorientiert sind.
In einigen Branchen wie zum Beispiel dem Finanzsektor machen es zwar die Regularien schwer, Geringqualifizierte zu integrieren und Karrierewege für sie zu eröffnen.
Aber hier können Programme für Quereinstiege dabei helfen, Wissenslücken zu schließen. Außerdem kann heute KI bei vielen alltäglichen Aufgaben unterstützen. Auch das kommt Quereinsteigern und Personen mit geringer Qualifikation zugute.
Ein Umdenken ist notwendig, wenn es um Arbeitskräfte mit Migrationshintergrund geht. Viele von ihnen bringen fachliches Wissen und berufliche Praxis mit, doch ihre Abschlüsse werden nicht immer anerkannt.
Wichtiger als Zeugnisse wären aber ohnehin mehr Programme, die auf die Arbeitsweisen und die Soft Skills abstellen, die speziell die Kultur des deutschen Arbeitsmarkts berücksichtigen.
Zusammen mit den vorhandenen Kenntnissen würde das den Einstieg ins Berufsleben deutlich erleichtern.
KI in der Ausbildung
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten für eine berufliche Laufbahn, die einen Azubi individuell fördert und das Beste aus ihm herausholt. Voraussetzung dafür ist aber, dass die Unternehmen sich engagieren, die Bereitschaft zeigen, neue Wege auszuprobieren, und die Ausbilder besser qualifizieren.
Wie es dem Wunsch der Azubis entspricht, gehören auch digitale Tools und KI zur Ausbildung der Zukunft dazu.
Doch noch ist die betriebliche Ausbildung an vielen Stellen nicht digital genug. Das betrifft zum Beispiel das Erstellen von Ausbildungsplänen, digital verfügbare Ausbildungsinhalte oder das Erfassen von Lernfortschritten.
Bei KI-basierten Anwendungen stehen viele Ausbildungsbetriebe noch ganz am Anfang. Ein Grund dafür sind rechtliche Unsicherheiten oder Bedenken in den Unternehmen. Ein anderer Grund ist, dass es schlichtweg an Tools fehlt, die sich in der Praxis bewährt haben.
Natürlich ist KI kein Allheilmittel. Sie kann die praktische Ausbildung nicht ersetzen und im Arbeitsalltag bei Aufgaben bestenfalls unterstützen.
Aber sie kann Ausbilder zeitlich entlasten, sodass sie sich intensiver um die Azubis kümmern können. Azubis wiederum können mittels KI Kompetenzen erwerben, die sie im späteren Berufsleben brauchen.
Mehr Ratgeber, Tipps und Anleitungen:
- Ausbildungsmarketing für die Gen Z
- Wieso brechen so viele Azubis die Ausbildung ab?
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- So können Unternehmen Azubis motivieren, Teil 2
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- Schwanger in der Ausbildung: Was jetzt? Teil 2
- Schwanger in der Ausbildung: Was jetzt? Teil 1
- Die Geschichte der Berufsfachschule
Thema: Neue Ansätze in der Berufsausbildung
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Fachartikel
Verzeichnis
Über uns
- Neue Ansätze in der Berufsausbildung - 11. März 2025
- Ausbildungsmarketing für die Gen Z - 14. Februar 2025
- Wieso brechen so viele Azubis die Ausbildung ab? - 22. Januar 2025