Gen Z: Elterliche Fürsorge beim Berufseinstieg nimmt zu
Bei der Berufswahl und im Bewerbungsverfahren ihrer Kinder zeigen Eltern immer mehr Präsenz. So begleiten sie den Nachwuchs zu Beratungsgesprächen, rufen bei potenziellen Arbeitgebern an und nehmen manchmal sogar als Begleitperson am Vorstellungsgespräch teil. Doch die elterliche Fürsorge kann manchmal übers Ziel hinausschießen, auch wenn sie gut gemeint ist.

Für junge Leute ist der Übergang von der Schule ins Berufsleben eine aufregende und oft auch herausfordernde Lebensphase. Viele Entscheidungen müssen getroffen werden.
Welchen Beruf will ich ausüben? Was sind meine Stärken, was liegt mir besonders gut? Wie viel kann ich schaffen und was kann ich nicht leisten? Wie gehe ich bei einer Bewerbung vor?
Solche Dinge erfordern Selbstreflexion, Selbstständigkeit und manchmal auch ein wenig Hilfe. Aber wie sehr sollten sich die Eltern dabei einmischen?
Inhalt
Mehr Engagement der Eltern
Heutige Eltern sind oft sehr engagiert. Grundsätzlich ist das auch gut und sinnvoll. Allerdings geht das elterliche Engagement manchmal etwas zu weit. Was durch überfürsorgliche Helikopter-Eltern im Kindergarten beginnt, setzt sich mitunter bis zum Berufseinstieg fort.
Die Corona-Pandemie scheint das Bedürfnis, die Kinder zu unterstützen und zu begleiten, noch zusätzlich verstärkt zu haben.
Berufsberater stellen fest, dass die Eltern deutlich mehr Aufgaben für ihre Kinder übernehmen als früher. So sind die Eltern diejenigen, die die Beratungstermine vereinbaren oder für die Kinder in den Betrieben anrufen.
Einige Eltern möchten sogar beim Vorstellungsgespräch dabei sein. Doch bei vielen Arbeitgebern sorgt das für Irritationen.
Andererseits kommen viele Betriebe den Eltern auch entgegen. So führen sie etwa das Vorstellungsgespräch zuerst alleine mit dem Jugendlichen und bitten später die Mutter oder den Vater dazu.
Andere Betriebe veranstalten Tage der offenen Tür, bei denen auch die Eltern die künftige Ausbildungsstätte ihres Kindes kennenlernen und ihr Informationsbedürfnis stillen können.
Besser etwas mehr Zurückhaltung
Eltern nehmen viel Einfluss auf die Berufswahl ihrer Kinder. Sie suchen Stellenanzeigen heraus, helfen beim Schreiben der Bewerbungen und gehen mit dem Nachwuchs zu Ausbildungsmessen.
Dieses Engagement belegt, dass die Eltern Interesse haben und ihren Kindern bei der Berufswahl den Rücken stärken. Oft bringen die Eltern die Kinder auch auf Ideen für Tätigkeiten, auf die die Kinder so vielleicht nicht gekommen wären.
Trotzdem ist eine gewisse Zurückhaltung wichtig. Berufsberatern und Ausbildern fällt auf, dass etwa auf Berufsmessen die Eltern diejenigen sind, die die Messestände ansteuern, die Infobroschüren einsammeln und die Fragen stellen.
Die Kinder stehen nur daneben und hören zu. Tatsächlich sollte es aber andersherum sein.
Die Eltern sollten ihre Rolle bei der Berufsorientierung überdenken. Natürlich spricht nichts dagegen, wenn sie die Kinder begleiten und beim Knüpfen von Kontakten vielleicht ein bisschen unter die Arme greifen.
Ansonsten sollten sich die Eltern aber im Hintergrund halten und die Jugendlichen aktiv werden lassen. Denn am Ende muss der Nachwuchs selbst entscheiden, was er beruflich machen will. Es geht schließlich um seine berufliche Zukunft und nicht um die der Eltern.
Zumal noch dazukommt, dass übereifrige Eltern ein Kind schnell zu unselbstständig wirken lassen.
Doch ein Ausbildungsbetrieb möchte einen qualifizierten Mitarbeiter formen. Entsteht der Eindruck, dass der Nachwuchs permanent an die Hand genommen werden muss oder die Eltern ständig dazwischenfunken werden, kann das die Chancen auf eine Zusage schmälern.
Ein paar interessante Zahlen
Im Jahr 2024 führte die Jobplattform Monster zusammen mit YouGov Deutschland zwei Umfragen durch.
Dabei kam heraus, dass sechs Prozent der Bewerber in der Altersgruppe zwischen 18 und 27 Jahren schon einmal ein Elternteil zum Vorstellungsgespräch mitgenommen hatten.
Acht Prozent der Bewerber ließen sich von einem Freund und fünf Prozent von ihrem Partner begleiten.
Immer ganz alleine gingen 59 Prozent der Gen Z zu Bewerbungsgesprächen. Damit liegen die jungen Bewerber deutlich hinter älteren Bewerbern. Denn in der Altersgruppe über 28 Jahren erklärten 79 Prozent der Befragten, dass sie stets ohne Begleitung zu Jobinterviews erschienen sind.

Arbeit als positives Thema
Es ist verständlich, wenn sich die Eltern einbringen wollen. Denn zum einen möchten sie verhindern, dass der Nachwuchs falsche Entscheidungen trifft oder sich für einen Berufsweg entscheidet, bei dem der Frust fast schon vorprogrammiert scheint.
Und zum anderen fällt es ihnen oft schwer, loszulassen und zu akzeptieren, dass aus dem kleinen Kind inzwischen ein junger Erwachsener geworden ist, der seine eigenen Wege geht.
Wichtig ist, dass die Eltern mit ihren Kindern über den Beruf und das Arbeitsleben sprechen. Weil die Eltern ihren Nachwuchs am besten kennen, können und sollten sie ihre Beobachtungen einbringen. Das kann dabei helfen, Stärken zu erkennen, aber auch Schwächen auszumachen.
Trotzdem sollten die Eltern signalisieren, dass sie ihr Kind unterstützen, egal für welchen Job es sich entscheidet. Niemandem ist damit geholfen, wenn die Eltern ihre Wunschvorstellungen auf das Kind projizieren.
Absolviert das Kind eine Ausbildung oder ein Studium, nur um den Eltern damit einen Gefallen zu tun, wird es in dem Beruf womöglich unglücklich oder bricht die Ausbildung ab und muss von vorne beginnen.
Entscheidet sich das Kind hingegen für einen ganz anderen Weg, steht es von Anfang an unter dem Druck, seinen Eltern etwas beweisen zu müssen. Beides macht den Start ins Berufsleben unnötig schwer.
Wichtig ist aber auch, dass die Eltern die positiven Seiten der Arbeit vermitteln. Wenn sie ständig nur auf die negativen Aspekte verweisen, etwa frühes Aufstehen, lange Tage, wenig Freizeit, körperliche Anstrengung, schlechte Bezahlung oder Konkurrenz unter den Kollegen, bremsen sie die Motivation aus.
Natürlich sollten die Eltern ihr Kind darauf vorbereiten, dass es im Berufsleben nicht immer einfach wird. Aber unterm Strich sollte das Thema Job positiv besetzt sein und die Chancen aufzeigen, die die eigene berufliche Karriere eröffnet.
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