Die Geschichte der Berufsfachschule
Viele Berufsfachschulen und Bildungsgänge haben eine Tradition, die bis ins 19. Jahrhundert und teils noch weiter zurückreicht. Sie entstanden zu unterschiedlichen Zeitpunkten, um einerseits den spezifischen regionalen Bedürfnissen und andererseits verschiedenen Zielgruppen gerecht zu werden. Heute hat die Berufsfachschule einen festen Platz im deutschen Bildungssystem. Wir beleuchten die Geschichte, die Stellung und die Besonderheiten der Berufsfachschule!
Inhalt
Alternative im Berufsbildungssystem
Voll qualifizierende Berufsfachschulen, in einigen Bundesländern auch Berufskollegs genannt, sind unterhalb der Ebene der (Fach-)Hochschulen angesiedelt.
Im deutschen System zur Berufsbildung sind sie eine Alternative zur dualen Berufsausbildung, zur Ausbildung im öffentlichen Dienst und zu den Schulen im Gesundheitswesen.
Im Laufe der Zeit haben sich die Schülerzahlen an den Berufsfachschulen verändert. Waren es im Jahr 1990 rund 75.000 Schüler, die dort einen Beruf erlernten, verdoppelte sich die Zahl der Schüler bis zum Ende des Jahrzehnts.
Damals lag der Frauenanteil bei rund 80 Prozent. Heute besuchen rund 380.000 Schüler:innen eine Berufsfachschule. Gleichzeitig ist das Verhältnis zwischen Frauen mit rund 55 Prozent und Männern mit 45 Prozent fast ausgeglichen.
Voll und nicht voll qualifizierende Berufsfachschulen
In der Wirtschaft, der Forschung und der Verwaltung entwickeln sich die beruflichen Anforderungen stetig weiter. Parallel dazu entstehen an öffentlichen und privaten Berufsfachschulen neue Berufsbilder.
Weil das Bildungswesen in Deutschland aber Sache der Bundesländer ist, gibt es oft Ausbildungen für ähnliche Tätigkeitsprofile, die teils vergleichbare und teils unterschiedliche Berufsbezeichnungen haben.
Bleiben solche Berufe auf einzelne Regionen oder Bundesländer begrenzt und werden die wesentlichen Merkmale, Ausbildungsinhalte und auch Abschlüsse nicht länderübergreifend abgestimmt, ist auch die Marktakzeptanz nicht besonders groß.
Die privaten Berufsfachschulen konkurrieren mit den öffentlichen Berufsfachschulen. Um Schüler zu gewinnen und die Schulgebühren zu rechtfertigen, bieten die Privatschulen oft innovative Bildungsgänge oder besondere Extras an. Solche Leistungen werden später teilweise von den öffentlichen Schulen übernommen.
Die voll qualifizierenden Berufsfachschulen ermöglichen, einen Beruf zu erlernen. Im Unterschied dazu bieten nicht voll qualifizierende Berufsfachschulen die Möglichkeit, eine Ausbildung zu absolvieren, die dazu dient, sich beruflich zu orientieren, sich berufliches Grundwissen anzueignen oder spezielle Qualifikationen in einzelnen Bereichen zu erwerben.
So eine Ausbildung eignet sich auch, wenn jemand beruflich umsteigen oder nach einer längeren Unterbrechung wieder ins Berufsleben einsteigen möchte.
Mit dem Berufsvorbereitungsjahr und dem schulischen Berufsgrundbildungsjahr hat das aber nichts zu tun. Sie richten sich an Schüler, die noch keine beruflichen Vorkenntnisse haben und auf das Berufsleben samt Ausbildung vorbereitet werden sollen.
Historische Bedeutung der Berufsfachschulen in der Frauenbildung
Die Geschichte der kaufmännischen, hauswirtschaftlichen und sozialen Berufsfachschulen ist eng mit der Geschichte der Frauenbewegung verknüpft. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts eröffneten sogenannte „Höhere Töchterschulen“, „Handels- und Gewerbeschulen für Mädchen“ oder „Frauenarbeitsschulen“ jungen Frauen den Weg in eine außerhäusliche qualifizierte Berufstätigkeit.
Gleichzeitig entstanden sogenannte Kindergärtnerinnen- und Hortnerinnenseminare sowie Ausbildungen in der Krankenpflege und anderen Gesundheitsdiensten.
Bildungsanstalten für Frauen gab es in allen größeren Städten in Deutschland. Sie nahmen hauptsächlich Absolventinnen der Gymnasien auf und verbanden die Berufsausbildung mit Allgemeinbildung. Als eine frühe Form der Fachhochschulreife ebneten sie Frauen auch den Weg in ein Studium oder den Lehrerinnenberuf.
Auf dem Arbeitsmarkt löste eine neue und starke Gruppe kaufmännisch ausgebildeter Frauen Männer in Büroberufen ab, die diesen Sektor bis dahin dominiert hatten. Als Hauswirtschaftsleiterinnen kümmerten sich Frauen um die hauswirtschaftliche Betreuung und Versorgung.
Mit dem veränderten Rollenverständnis der Frau ist eine hauswirtschaftliche Ausbildung heute nicht mehr attraktiv. Als Basis für ein Dasein als versierte Hausfrau ist sie nicht mehr gefragt.
An den nicht voll qualifizierenden Berufsschulen mit ein- oder zweijähriger Dauer lebt die hauswirtschaftliche Ausbildung aber weiter. Allerdings erfüllt sie nun einen anderen Zweck.
So wird sie hauptsächlich von Schülerinnen mit Hauptschulabschluss gewählt, die auf diese Weise ihre Chancen auf eine anschließende Ausbildung im eigentlichen Wunschberuf erhöhen wollen.
Höhere Handelsschulen und das Gesundheitswesen
Die Berufsfachschulen für Wirtschaft und Verwaltung gehen auf die lange Tradition der Höheren Handelsschulen zurück. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte diese Schulform in das Angebot der kaufmännischen Schulen zurück.
Ein ausschlaggebender Grund dafür war, dass die Wirtschaft dringend Fachkräfte brauchte. Die Betriebe erkannten den schulischen Abschluss als vollwertige Ausbildung an.
Als die Betriebe aber ab den 1970er-Jahren damit begannen, zunehmend selbst Lehrlinge auszubilden und auch das Angebot an Studiengängen in diesem Bereich wuchs, nahm die Akzeptanz spürbar ab.
Gesundheits- und Pflegeberufe gelten schon seit Jahren als Zukunftsbereich der beruflichen Bildung. Der demografische Wandel und die Fortschritte in der Medizin führen dazu, dass der Pflegebedarf zunehmend wächst.
Gleichzeitig machen die Strukturen in der Gesundheitsversorgung die Jobs im Gesundheits- und Sozialwesen immer anspruchsvoller.
Problematisch ist aber, dass es gerade in diesem Bereich eine Vielzahl von Fachberufen gibt, die zudem nicht alle bundesweit einheitlich geregelt sind. Das zeigt sich auch in der Schullandschaft, in der es nach wie vor Berufsfachschulen gibt, die nur einen speziellen Beruf ausbilden.
Technische Berufsfachschulen
Großes Zukunftspotenzial hat auch die Ausbildung zum technischen Assistenten. Diese Ausbildung gibt es in Bereichen wie Chemie, Physik, Biologie, Pharmazie, Medizin, Mathematik, Informatik oder Umwelttechnik.
Technische Berufsfachschulen wurden früher vor allem in den Regionen eingerichtet, in denen es kaum qualifizierte technische Ausbildungsplätze gab. Durch die Schulen konnten sich auch die Bewohner strukturschwacher Gebiete Chancen auf dem Arbeitsmarkt als zum Beispiel Laborfachkraft oder wissenschaftlicher Assistent sichern.
Dabei ist die Technik schon längst keine Männerdomäne mehr. Dazu haben sicherlich auch Veranstaltungen wie der „Girls Day“ beigetragen, den das Bundesfamilienministerium zusammen mit Gewerkschaften, Arbeitgebern und anderen Initiativen ins Leben gerufen hat.
Solche Veranstaltungen sollen informieren, aufklären und junge Frauen für Technik und die Naturwissenschaften begeistern.
Die künftige Entwicklung der technischen Berufsfachschulen ist eng mit den Veränderungen in den jeweiligen Fachdisziplinen verbunden. So hat zum Beispiel die Biotechnologie in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Die Schulen müssen ihr Ausbildungsangebot an die neuen Erkenntnisse und die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt anpassen.
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Thema: Die Geschichte der Berufsfachschule
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